Klebstoffe

Klebstoffe
Klebstoffe,
 
nichtmetallische Werkstoffe, die Körper durch Oberflächenhaftung (Adhäsion) und innere Festigkeit (Kohäsion) verbinden können, ohne das Gefüge der Körper wesentlich zu verändern. Alltägliche Begriffe wie Leim, Kleister und Kleber sind eingeschlossen. Die Grenze zwischen Klebstoffen, Dichtungsstoffen und Bindemitteln kann nicht eindeutig gezogen werden, da anwendungstechnisch oftmals gleichzeitig klebende und abdichtende Eigenschaften gefordert werden. Je nach Material beziehungsweise Einsatzgebiet der zu klebenden Substrate unterscheidet man Holzklebstoffe, Metallklebstoffe, Papier- beziehungsweise Möbelklebstoffe, Automobilklebstoffe, Verpackungsklebstoffe, Belagsklebstoffe, Fliesenklebstoffe usw.
 
Als Leime werden bevorzugt Klebstoffe auf der Basis natürlicher Stoffe bezeichnet, die aber auch synthetische Stoffe wie Celluloseäther und Polyvinylalkohol enthalten können. Zu den Leimen zählen die aus Häuten oder Knochen gewonnenen Glutinleime (tierische Leime) und die aus Milcheiweiß hergestellten Kaseinleime. Pflanzliche Leime sind Stärkekleister (Kleister), Dextrine, Gummiarabikum, Naturharze (Harze) und Latex (Kautschuk). Klebstofflösungen und Klebstoffdispersionen binden dadurch ab, dass das Lösungsmittel oder Dispergiermedium verdunstet und/oder in das zu klebende Substrat wandert. Beispiele sind Lösungen von Polychloropren, Polyurethan oder Polyvinylacetat in Estern, Ketonen oder Kohlenwasserstoffen (wegen ihrer vielseitigen Verwendbarkeit häufig »Alleskleber« genannt) und wässrige Kunststoffdispersionen z. B. auf Basis von Polyvinylacetat, Acrylat oder Polyurethan. Diese lösungsmittelfreien wässrigen Systeme decken heute nahezu alle Anwendungsgebiete (Papier, Holz, Textilien u. a.) ab. Beim Kleben von Kunststoffen mit lösungsmittelhaltigen Klebstoffen, z. B. auf der Basis von Aceton (Polystyrol) oder Methyläthylketon (Polycarbonat), werden die Oberflächen der zu klebenden Substrate angelöst. Durch Diffusion der Makromoleküle und Verdunsten des Lösungsmittels tritt die Klebung ein. Haftklebstoffe sind dauerklebrige Klebstoffe, meist auf Kautschuk-, Acrylat- oder Äthylen-Vinylacetat-Basis, die unter geringem Druck haften (pressure sensitive), bei dauernder Last aber zum Verformen (Kriechen) neigen. Sie werden für Haftetiketten, Klebefolien und Klebebänder, aber auch im Hygienebereich (Windeln, Pflaster) verwendet. Kontaktklebstoffe eignen sich besonders zum Verkleben von Leder und Textilien. Sie werden auf beide zu klebenden Oberflächen aufgetragen. Nach einer Vortrocknung erfolgt die Klebung durch kurzes, starkes Zusammenpressen der Substrate. Dabei findet eine Rekristallisation der Polymermoleküle statt. Verwendet werden Lösungen von Polychlorbutadien, Copolymeren von Butadien mit Styrol oder Acrylnitril u. a.
 
Schmelzklebstoffe (hot melts) werden in der Wärme als Schmelze aufgetragen und bilden beim Erstarren die Klebverbindung. Verwendet werden u. a. Äthylen-Vinylacetat-Copolymere, ataktische Polypropylen, Kautschuk oder Polyamide. Eine breite Anwendung finden diese Systeme im Bereich der Möbelfertigung, der Verpackungsindustrie und im grafischen Gewerbe (Buchbindung). Diese Gruppe schließt die Heißsiegelklebstoffe ein, die z. B. zum Verschließen von Jogurtbechern dienen. Reaktive Schmelzklebstoffe erreichen ihre sehr hohen Festigkeiten durch eine Vernetzung des Polyurethansystems, die durch Luftfeuchtigkeit hervorgerufen wird. Reaktionsklebstoffe binden durch chemische Reaktionen ab. Zweikomponentenklebstoffe enthalten v. a. Epoxid-, Polyurethan-, Harnstoff- oder Phenolharze. Sie eignen sich besonders für hochfeste Klebungen von Konstruktionselementen. Bei Einkomponentenklebstoffen wird die Abbindereaktion durch Wärme, UV-Strahlung oder Luftfeuchtigkeit (z. B. bei Cyanacrylatklebstoffen, so genannten Sekundenklebern) ausgelöst. Anorganische Klebstoffe wie Wasserglas haben nur untergeordnete Bedeutung.
 
 
Asphalt wurde bereits 4000 v. Chr. zu Bauzwecken in Mesopotamien eingesetzt. Etwa 3000 v. Chr. stellten die Sumerer tierische Leime her. Eine Tafel Hautleim, welche im Grab des Königs Tut-ench-Amun gefunden wurde, beweist, dass die Ägypter schon 1500 v. Chr. tierische Leime für Furnierarbeiten verwendeten. Im Talmud wird über Kaseinanwendungen als Bindemittel für Pigmente berichtet. Um 1100 diente Schwefel zum Befestigen von Messerklingen. Die erste Leimfabrik wurde 1690 in Holland gegründet; 1794 in England das erste Patent auf einen Fischleim erteilt. Den ersten gebrauchsfertigen Pflanzenleim erfand Ferdinand Sichel, Hannover, 1899. Das Zeitalter der Klebstoffe auf der Basis synthetisch hergestellter Rohstoffe begann mit den Patenterteilungen für ein Verfahren zur Phenolharzhärtung 1909 und für ein Produktionsverfahren zur Herstellung von Polyvinylacetat im Jahr 1914.

Universal-Lexikon. 2012.

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